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Tour Transalp 2024

Vom 16. bis 22.06.2024 führte das Jedermann-Etappenradrennen Tour Transalp von Lienz in Österreich nach Riva am Gardasee. In sieben Etappen waren 788 km mit 16.650 Höhenmetern (15 Pässe) zurückzulegen. Unter den 390 gemeldeten Teilnehmern befanden sich wieder mein Mann Axel und ich als Team Fußbügler (Fußbügeln bedeutet einen kleinen Anstieg einfach wegdrücken. Diese Begriffsbedeutung entstand vor Jahrzehnten in einem Trainingslager von Axel mit Freunden auf Malle nach einer Fernsehdoku über ägyptische Fußbügler. Mir wurde dies, als ich vor 24 Jahren mit Rennradfahren anfing, als ein Fachbegriff des Radsports präsentiert.).

Im Vorjahr hatten wir erstmalig teilgenommen und in einem spannenden Rennen den fünften Platz unter den Mixed Teams belegt. Nachdem die Vorbereitung dieses Jahr zunächst super verlief und ich noch besser in Form war als letztes Jahr, bekam ich leider drei Wochen vor dem Wettkampf einen grippalen Infekt mit bakterieller Superinfektion, was bedeutete, dass ich eine Woche lang gar nicht und eine Woche lang nur locker trainieren konnte. Selbst am Anreisetag hatte ich noch leichtes Kratzen im Hals. So gesehen war ich schon froh, dass ich dies während des Wettkampfs nicht mehr hatte, war aber weit entfernt von meiner normalen Leistungsfähigkeit. Im Laufe der Woche konnte ich mich immer mehr erholen. Bei der letzten Etappe war die Leistungsfähigkeit jedoch wahrscheinlich schon wieder etwas durch eine Coronainfektion gemindert, die in der Woche nach dem Wettkampf bei uns beiden ausbrach. Unter diesen Umständen können wir zufrieden sein, dass wir unter den 21 Mixed Teams einen souveränen siebten Platz erreicht haben (das nächste Team hatte über zwei Stunden Rückstand). Am Rande bemerkt, gäbe es - wie bei den Männerteams - Altersklassen, hätten wir unsere wieder gewonnen. Erstaunlicherweise hätten wir zudem sowohl letztes wie auch dieses Jahr jeweils die selbe Platzierung, die wir bei den Mixed Teams erreicht haben, auch in der Kategorie der Männerteams Grand Masters erreicht (zusammen sind wir 106 Jahre alt). Unter den insgesamt 57 - in verschiedenen Kategorien - teilnehmenden Frauen wurde ich elfte.

Als stärkerer Teampartner und Edelhelfer musste Axel dieses Jahr einige Male als Windschattengeber sehr hart arbeiten (mehr dazu unten bei den einzelnen Etappen). Von der erlaubten Möglichkeit innerhalb des Teams zu schieben oder zu ziehen, haben wir, wie auch letztes Jahr, keinen Gebrauch gemacht. Abgesehen von der leistungsfähigen Einschränkung, waren die weiteren Rahmenbedingungen dieses Jahr ziemlich optimal: kein Regen und bei uns keine Pannen und Stürze. Auch die meisten unserer Unterkünfte waren vom Ziel-/Startort fußläufig erreichbar, nur einmal mussten wir shuttlen (Transport mit Bussen) und einmal nach dem Rennen noch 8 km mit 190 Hm mit dem Fahrrad zurücklegen (am nächsten Morgen ging es dann dafür  bergab zum Start).

Insgesamt hat das Fahren der Tour Transalp wieder viel Spaß gemacht. Es ist toll, an sieben Tagen hintereinander wettkampfmäßig zusammen mit vielen anderen netten Radsportlern durch die Berge fahren zu dürfen. Wir sind froh, dass es ein solches Etappenradrennen gibt, welches viel Organisationsaufwand und vor allem unzählige Helfer erfordert.

Nach diesem Überblick nun ein paar Worte dazu, wie es uns auf den einzelnen Etappen erging (in blau aus Sicht meines Edelhelfers Axel) und abschließend, falls Ihr auch mal fahren wollt, ein Einblick in einen typischen Tour Transalp Tag.

1. Etappe: Steil und schmerzhaft

Die erste Etappe hatte nur 74 km und 2.133 Hm, aber die Höhenmeter ballten sich nach ca. 24 km flacher Anfahrt auf den verbleibenden 45 km zur Zeitnahme. Am Vortag hatten wir diesen Bergteil auf dem Weg zu unserem Hotel mit dem Auto abgefahren und mussten mit diesem zum Teil im ersten Gang fahren, um die steilen Anstiege hochzukommen. Ein Etappenprofil also, welches schon anstrengend ist, wenn man absolut fit ist. Für mich, noch durch die vorhergehende Krankheit geschwächt, wurde es die härteste Radfahrt meines Lebens: anfangs konnte ich weder trinken noch Gels nehmen , da mir sonst übel geworden wäre; bei der ersten Abfahrt schmerzte mein Nacken, so dass es schwierig war nach vorne zu schauen; bei den Anstiegen hatte ich dann Rückenschmerzen (Nacken- und Rückenschmerzen habe ich sonst nie) und im noch relativ flachen Teil des letzten Anstiegs bekam ich Krämpfe in beiden Beinen, so dass ich kurz anhalten musste. Mit vielen Gels und viel Wasser ging es dann zum Glück wieder und ich schaffte es langsam ins Ziel. Nach dieser Etappe wusste ich nicht, wie ich die nächsten sechs Tage überstehen soll.

Nach einem ausführlichen Athletiktraining im Hotelgarten am Nachmittag, hatte ich zum Glück die restliche Woche keine Nacken- und Rückenschmerzen mehr. Es ging aufwärts und ich konnte auf den nächsten Etappen regelmäßig Wasser und Gels nehmen und wurde zudem von Axel mit Salztabletten versorgt, so dass ich auch keine Krämpfe mehr bekam.

2. Etappe: Alleine gegen den Wind

Auf dieser Etappe ging es mir im Vergleich zum Vortag gut, nur da ich einfach noch nicht so leistungsfähig war, schaffte ich nach dem neutralisierten Bereich nicht den Anschluss an eine schnelle Gruppe. Die Gruppe, in der wir uns befanden, war anfangs gut für mich, nur nachdem ich mich eingefahren hatte, war sie doch zu langsam. In einiger Entfernung vor uns, konnte man die nächst schnellere Gruppe sehen. Als einer aus unserer Gruppe antrat, ging ich mit, in der Annahme, man könne zusammenarbeiten und vielleicht kämen noch mehr hinzu. Doch leider war dies nicht so. Letztlich waren Axel und ich alleine. Ich meinte zu Axel, dass wir uns auch wieder zurückfallen lassen könnten, was er jedoch, wie sich nach der Etappe herausstellte, nicht gehört hatte. So fuhr Axel ca. 20 km alleine vorne gegen den Wind und ich im Windschatten hinterher bis dann die zwei großen Pässe des Tages kamen.

Aus Sicht eines Edelhelfers: Gegenwind

Wir sitzen morgens im Frühstücksraum des Hotels. Die anderen Fahrer unterhalten sich über einen Fahrertyp, der gestern gute Karten hatte: wer extrem hohe Leistung für längere Zeit treten kann, wird Kraftschwein genannt. Oder Tretschwein. Tretschwein gefällt mir besser und ich stelle mir den passenden Lexikoneintrag vor: „Tret|schwein, das; ein Radfahrer, der über unbegrenzt lange Zeit maximale Leistung fahren kann. Diese Fähigkeit sagt nichts über Abfahrtsqualitäten aus. Tretschweine fahren meistens mit Nasenatmung…“.

Der Start in Silian erfolgt neutralisiert in Richtung Toblach. Es geht ganz leicht berghoch. Nach ca. 7 km wird das Rennen freigegeben. Wir fahren in einer sehr großen, langgezogenen Gruppe. Das Tempo pendelt zwischen 35 km/h und 50 km/h. Durchschnittsleistung in den ersten 25 Minuten: 250W. Und das im Windschatten. Das Feld wird immer länger und reißt. Ich versuche das Loch zuzufahren, drücke nochmal drauf, aber Marion ist zu schwach um mitzugehen. Also fahren wir vorne in einer Verfolgergruppe weiter mit. Es geht von Toblach in Richtung Cortina mit Gegenwind ganz leicht berghoch. Einzelne Fahrer springen nach vorne raus und bilden eine Gruppe, die wir nicht mitgehen - zu schnell. Aber unsere Gruppe ist zu langsam und arbeitet schlecht zusammen. 29 km/h. Es gibt keine Ablösung an der Spitze. Keiner hat Lust zu fahren. Der Vordere wird immer langsamer: 26 km/h. Mein Kapitän hat sich das eine Zeit lang angeguckt und sagt: „FAHR“.

Bis zur 1. Passhöhe sind es noch fast 10 km. Ich fahre Unterlenker und ziehe Marion nach vorne aus der Gruppe raus. Dabei hatte ich gehofft, dass sich noch 2-3 Fahrer dranhängen und wir kreiseln können. Das passiert aber nicht. Wir sind alleine und ich vorne.  Also drücken: 35-40 km/h, Durchnittsleistung in den nächsten 30 Minuten: 250W. Vor uns sehe ich die Gruppe, die sich vorhin gebildet hatte. Ich peile ein Verkehrsschild als Bezugspunkt zur Gruppe an und stoppe die Zeit, die wir bis dahin brauchen: 31 Sekunden. Als nochmal härter treten, vielleicht kommen wir ran. 10 Minuten später nochmal den Abstand gestoppt: wieder 31 Sekunden. Marions Fahrbefehl hätte etwas früher kommen können, geht es mir durch den Kopf. Ich glaube wir kommen nicht ran.

Auch nach Cortina runter bläst Gegenwind. Wir  erreichen ziemlich platt Cortina. Dort beginnt mit 900 Hm der erste richtige Anstieg des Tages zum Passo Falzarego, den wir uns hochquälen. Kurz vor der Verpflegungsstelle fahre ich mit den leeren Flaschen vor, fülle auf und fahre dann wieder zu Marion auf. Dann vom Pass runter und den Rest wellig nach Arabba - alleine. Vor dort geht es hoch zum Pordoi. Ich bin diesen Pass 1994 schon mal hoch gefahren. Damals war er flacher. Oben ist Zeitnahme. Der Rest der Stecke über Canazei nach Moena geht flach bergab, aber immer noch gegen starken Wind. Zum Glück außerhalb der Zeitnahme. Nur noch ankommen.

3. Etappe: Lange Neutralisation und schnelle Abfahrt

Auf dieser Etappe waren die ersten, leicht ansteigenden 18 km neutralisiert, da es durch kleine Orte ging. Diese Kilometer waren wir am Vortag nach der Zeitnahme oben auf dem letzten Pass hinuntergefahren und ich hatte mich gefragt, wie es wohl werden würde, diese neutralisiert hochzufahren, da auch dabei zügig gefahren wird und man zudem immer voll konzentriert sein muss, da immer wieder gebremst und beschleunigt wird. Es war dann relativ angenehm zu fahren und ich war froh, dass wir seit dieser Etappe wieder im Startblock A starten durften. Die ersten beiden Etappen waren wir im Startblock B gewesen (die Startblockeinteilung geht bei der ersten Etappe nach Startnummer, danach nach Platzierung). Auf der Abfahrt vom Passo Fedaia konnte ich eine Maximalgeschwindigkeit von 87 km/h erreichen, was für mich sehr schnell ist. Die beiden weiteren Pässe Valles und Rolle kannten wir bereits vom letzten Jahr, wobei es diesmal sehr heiß und ich vor allem am Ende ziemlich kaputt war.

Nachdem wir auf den ersten beiden Etappen viel alleine als Zweierteam gefahren waren, setzte auf dieser Etappe erst das richtige Rennfeeling bei mir ein und es begann Spaß zu machen.

Aus der Sicht des Edelhelfers: Tretschwein

Oben auf dem Fedaia-Pass ist die erste Verpflegungsstelle. Ich hole Wasser und sage Marion, dass sie volles Rohr bergrunter fahren soll. Das macht sie auch, ich komme kaum hinterher, obwohl ich mit 89km/h fahre. Unten angekommen geht die Strecke 7 km am See von Alleghe flach weiter. Wir sind zunächst alleine und fahren dann auf einen Einzelfahrer auf. Der Mann ist ca. 2 m groß und mit geschätzten 100 kg kein Bergfloh. Er hängt sich rein. Ich glaube nicht, dass er bei uns guten Windschatten findet, scheint aber froh zu sein, dass er nicht alleine weiterfahren muss. Es geht also zu dritt weiter. Ich fahre vorne knapp über 40 km/h. Nach 1 km gehe ich aus dem Wind und bitte ihn, zu übernehmen, was er auch ohne zu murren macht. Nach einigen Führungswechseln wird es immer schneller, obwohl es weiterhin flach ist. Er fährt jetzt 46 km/h und es fühlt sich an wie hinter einem Möbelwagen. Ich weiß nicht, was ich machen soll, wenn ich wieder vorne fahren muss. 46 km/h ist mir zu schnell. Wir haben offensichtlich gerade eben ein „Tretschwein“ aufgeweckt. Er zieht das Tempo bis zur nächsten Abfahrt voll durch und wäre wahrscheinlich auch 60 km/h gefahren, wenn wir ihn darum gebeten hätten. In der Abfahrt können wir nicht dranbleiben, aber im Aufstieg zum Passo Valle treffen wir ihn wieder und reden kurz. Er entschuldigt sich beinahe, aber bergab würde er immer schneller - könne er nichts machen – sei naturbedingt.

4. Etappe: Wassermangel und Zeitnahme unten

Diese Etappe, die in San Martino die Castrozza startete, ging zunächst neutralisiert in Serpentinen den Berg hinunter. Vor dieser Abfahrt, die auch in der letztjährigen Tour enthalten war, hatte ich etwas Bammel, da es letztes Jahr in höllischem Tempo durch dunkle Tunnel ging und zwischen den Radfahrern noch die begleitenden Krankenwagen rumkurvten. Daher war ich sehr froh als wir unten waren und wir gar nicht durch die Tunnel gefahren waren! Ich hatte mir die Strecke vorher nicht genau genug angeschaut, um zu merken, dass sie nicht komplett identisch mit letztem Jahr war. Insgesamt fand ich aber auch so die Abfahrt in der großen Gruppe entspannter als letztes Jahr, aber vielleicht bekommt man mit der Zeit einfach Routine.

Nach dem kleinen Passo Gobbera war auf dem Passo Brocon die erste Verpflegungsstelle. An den Verpflegungsstellen haben wir immer nur unsere Wasserflaschen aus Gießkannen auffüllen lassen. Ansonsten haben wir uns von unseren mitgebrachten Liquid Energy Gels von Sponser ernährt; im Laufe der sieben Etappen habe ich 46 Tuben (à 70 g) verwendet. Bis zur zweiten Verpflegungsstelle ziemlich weit oben auf dem Monte Grappa waren ca. 62 km mit 1.400 Hm zu fahren. Bei sonnigem Wetter mit einer Durchschnittstemperatur von 28 Grad mussten wir uns das Wasser bei der Fahrt auf den Monte Grappa gut einteilen, was nicht so angenehm war. Wie uns, ging es aber wohl den meisten Teilnehmern, abgesehen von denen, die irgendwelchen Teams mit Extraverpflegungspunkten angehören.

Diese Etappe war die einzige Etappe dieses Jahr, die nicht mit einem Anstieg endete, sondern nach der Abfahrt vom Monte Grappa in San Zenone. Nachdem das Team Sonthofen, welches bisher immer vor uns auf Platz 6 gelandet war, keine guten Abfahrer waren, konnten wir in der schönen Abfahrt noch fast fünfeinhalb Minuten Vorsprung rausfahren und kamen diesmal auf Platz 6.

Aus Sicht eines Edelhelfers - Wedeln

Es geht von Norden nach Süden über den Monte Grappa. Die Strecke geht die ganze Zeit im Wald hoch, trotzdem gibt es wenig Schatten. Fast 30 km am Stück berghoch mit 1300 Hm und nur wenigen kleinen Zwischenabfahrten.

Es ist  heiß und der Veranstalter hat nur Personal, um 2 Wasserstellen betreiben zu können. 3 Wasserstellen wären heute besser gewesen. Wenn man Durst hat und dann auch noch Gels runterspülen muss, muss man einteilen und das ist bei der Hitze unangenehm. Ich halte nach Quellen Ausschau. Es gibt keine. Auch keine Kuhtränken. Die  Abfahrt vom Monte Grappa ist super. Im oberen Teil mit langgezogenen und gut einsehbaren Kurven. Weiter unten im Wald sehr gleichmäßig angeordnete Serpentinen. Wir kommen, wie auf einer Skipiste, in einen Wedelrhythmus. Ich fahre vorne, Marion ist direkt dahinter. In jeder Kurve schreie ich „frei“, wenn kein Gegenverkehr ist und „treten“, um sofort wieder aus der Kurve rauszubeschleunigen. Wir werden nicht überholt, überholen aber andere und kommen nach gefühlten 100 mal „frei – treten“ in Bassano del Grappa an. Dort fahren wir auf einen Einzelfahrer auf und fragen ihn, ob er die letzten 8 km mit uns ins Ziel kreiseln möchte. Er sagt zu und wir fahren bei leichtem Gefälle und etwas Rückenwind mit 46 – 48 km/h zum Etappenziel. Hat Spaß gemacht.

5. Etappe: Spitzkehren und Wedeln

Bei diese Etappe ging es durch 19 Spitzkehren auf die Hochebene von Asiago und später in engen Kurven, ähnlich denen vom Monte Grappa hinunter, wieder abwärts. Während ich bei uns zu Hause Bergrunterfahren nicht gerne mag (Vielleicht sind die Berge einfach zu kurz, um richtig in Schwung zu kommen?), liebe ich die langen Abfahrten bei der Tour Transalp, insbesondere  jene mit engen Kurven, die man „hinunterwedeln“ kann. Im Vergleich zu den ersten Etappen ging es mir immer besser, allerdings verließ mich dann am Schlussanstieg die Kraft zum schnell Fahren und Team Sonthofen konnte vorbeiziehen.

Aus Sicht eines Edelhelfers – Der sterbende Schwan

Nach einigem Hoch und Runter zu Beginn der Etappe kommt vor dem letzten Schlussanstieg ein sehr langes Flachstück. Eigentlich geht es ganz leicht in einem Flusstal bergauf, aber sehr moderat. An dessen Ende beginnt der Aufstieg nach Lavarone.

Im Flachstück bildet sich eine Gruppe von etwa 6-8 Fahrern. Jeder fährt 500m Vollgas vorne, dann wird gewechselt. Fast jeder fährt vorne. Es ist ein junger Belgier vom Granfondo-Team dabei, der sich hinten aufhält. Granfondo hat mehrere Mannschaften am Start, alle mit der gleichen Bekleidung und versorgt die Fahrer mit eigenen Begleitfahrzeugen und Wasserstellen. Ich bitte ihn, auch mal vorne zu fahren. Er schüttelt den Kopf, sei völlig kaputt, macht eine wehleidiges Gesicht, als hätte man ihm alle Weisheitszähne ohne Betäubung gezogen. Zweite Aufforderung. Nein, heute gehe nichts mehr. Er sei froh, wenn er es ins Ziel schaffe. Am Berg angekommen geht er ohne Worte aus dem Sattel, fährt volles Programm den Berg hoch und hängt die Gruppe, die ihn durchgeschleppt hat, ab. Diese schauspielerische Leistung war Oscar verdächtig.

6. Etappe: Dürftiges Frühstück und gute Gruppe

Während es sonst in den Hotels immer ein Frühstücksbuffet gab, wurde in Lavarone bedient und es waren viele Tour Transalp Teilnehmer zum Frühstücken da, so dass sich dies in die Länge zog. Zudem bestand die Auswahl zwischen Croissant gefüllt mit Marmelade und Croissant gefüllt mit Schokolade. Nicht das optimale Sportlerfrühstück für eine Etappe mit 143 km und 2.622 Hm. Wir begannen dann früher als sonst mit dem Essen von Gels. Es war ein sehr schwüler Tag, aber ich war endlich fit und kam sehr gut über die Pässe Vezzena und del Redebus. Bei der Abfahrt vom ersten Pass über den Kaiserjägerweg haben wir das Team Sonthofen abgehängt. Nach dem zweiten Pass fand sich eine ganz gute Gruppe und ich war endlich so in Form um auch bei schnelleren Abschnitten und kleinen Anstiegen drin zu bleiben. Die knapp 30 km vor dem Schlussanstieg in Kaltern (300 Hm) waren im Wesentlichen flach und unsere ca. 20 köpfige Gruppe fuhr mit mit einer Geschwindigkeit von um die 45 km/h. Das hat Spaß gemacht. In dieser Gruppe war noch ein Mixed Team, welches in der Gesamtwertung einen großen Rückstand auf uns hatte, aber, nachdem die Frau am Schlussanstieg geschoben wurde, vor uns ins Ziel kam und wir daher wieder 7. wurden. Auf das Team Sonthofen haben wir in dieser Etappe allerdings zwölfeinhalb Minuten gut gemacht, so dass unser Rückstand in der Gesamtwertung nur noch eineinhalb Minuten betrug.

7. Etappe: Rasendes Peloton  und rasende Konkurrenten

Die letzte Etappe begann neutralisiert den gestrigen Anstieg hinunter und dann ging das Rennen los: flach bis Kilometer 35. Es gelang mir hinten bei der vordersten Gruppe dran zu bleiben und diesmal  wurde mit einer Geschwindigkeit um die 50 km/h gefahren. Es ist ein tolles Gefühl in einer so großen Gruppe dahinzurasen. Es war weniger gefährlich als befürchtet (mich hat nur einmal ein Fahrer an der Ausfahrt eines Kreisels von hinten berührt), aber selbst im Windschatten war es ab und zu sehr anstrengend. In den ersten Berg zum Andalo-Sattel ging es dann auch schnell rein. Relativ bald kam das Team Sonthofen bergauf an uns vorbeigeflogen. Es kam mir vor, als wenn beim Giro Pogacar antritt und alle stehen lässt.

Zwischen den beiden Pässen hatten wir diesmal leider keine Gruppe, nur ab und zu Mitfahrer, wobei Axel viel voraus gefahren ist. Eine gewisse Zeit fuhr ein Holländer super voraus, der leider in einer Ortsdurchfahrt mit einem Auto kollidierte. Wenn man so etwas mitbekommt, schätzt man umso mehr, heil durchzukommen.

Ziel war auf dem Passo del Ballino. Wie wir im Nachhinein feststellten, wurden wir diesmal nur 8., da ein Team, welches bei uns zwischen den Pässen im Windschatten mitgefahren war und nach uns ins Ziel kam, zeitlich knapp vor uns lag, da es im Startblock B gestartet war und dort die Zeit erst mit Überqueren der Startlinie zu laufen beginnt. Für die Gesamtwertung war dies allerdings nicht relevant und so konnten wir die Abfahrt nach Riva genießen, unserer Medaillen und Finishertrikots im Empfang nehmen, Eis essen und im Gardasee baden.

Ein typischer Tour Transalp Tag

Auch wenn natürlich nicht jeder Tag genau gleich ablief, war vieles doch immer wieder ähnlich. Um 5:30 Uhr aufstehen, sich fertig machen, inkl. Eincremen mit Sonnencreme und Sitzcreme, einen großen Becher mit aufgelösten Magnesium-/Multivitamintabletten trinken. Kurz vor 6:30 Uhr die Reisetasche bei der Rezeption für den Transport zum nächsten Hotel abstellen. Um 6:30 Uhr frühstücken. Wieder auf dem Zimmer unter anderem Trikotaschen beladen. Je nach Entfernung ab ca. 8 Uhr mit dem Fahrrad zum Startbereich fahren, Tagesbeutel abgeben und sich kurz nach 8:30 Uhr in den Startblock stellen. Es werden dann nochmal Infos zur Strecke durchgesagt, den Geburtstagskindern gratuliert und Musik gespielt. Dieses Jahr gab es jedes mal auch das Lied „An guten Tagen“ von Johannes Oerding, welches richtig gute Laune macht und welches ich nun immer mit der Tour Transalp 2024 verbinden werde. Um 9 Uhr wird dann der Startschuss durch den Bürgermeister oder Tourismusmanager gegeben.

Nach Zielankunft haben wir erst mal unseren Tagesbeutel geholt, unser darin transportiertes Recoveryshake getrunken und unsere Schlappen angezogen. Dann gab es Verpflegung vom Jentschura-Stand, welche nach der Belastung gut schmeckt und gut tut. Manchmal haben wir noch einen Nachschlag geholt. Die nächste Nahrung war dann die vom Etappenort gestellte: meistens Pasta und Käsebrötchen, aber auch mal was anderes. Dabei hat man auch gut Gelegenheit, sich mit den anderen Teilnehmern zu unterhalten. Danach, manchmal auch davor, ging es ins Hotel. Axel hat sich um die Fahrräder gekümmert (Kette putzen, etc.). Ich habe die Radflaschen und die Shaker gereinigt. Wir haben unsere Radklamotten mit Handwäsche gewaschen und uns selbst geduscht. Vorher oder nachher noch etwas gedehnt. Dann ging es auch schon wieder an die Vorbereitungen für den nächsten Tag: Streckenaufkleber auf das Fahrrad, Startnummer am Trikot für den nächsten Tag befestigen, richtige Anzahl Gels bereitlegen und Sicherheitsverschluss öffnen, Recovery Pulver in die Shaker füllen (Milch haben wir der Früh hinzugefügt), Tacho laden, Streckenbriefing auf Youtube anschauen. Zwischendurch ging es zum Abendessen, zum Teil verbunden mit einem Spaziergang. Vor dem Schlafen, dann die Wäsche wieder von der Leine nehmen und alles, was man nicht mehr braucht, schon mal wieder in die Taschen packen.

Mit der Zeit ist man in den Abläufen gut drinnen und da das Radfahren sowieso schön ist, hätte ich mir gut vorstellen können, gleich noch so eine Woche zu haben. Da es am Rücktransfertag dann allerdings am Gardasee in Strömen geregnet hat, war ich doch ganz froh in den Bus steigen zu können statt auf das Rad.

 

Marion und Axel Dangeleit


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